Koordinierte Gänge

Stichworte dazu: Gleichgewicht # Stoffwechsel # Atmung # die Bewegungsfähigkeit der Wirbelkette # Muskelverkürzungen regulieren sich spielerisch # plastische „Kraft“ # Die Kunst der natürlichen Aufrichtung # die großen Gelenke # die plastische Verbindung um einen Menschen zu tragen # Flexibilität # Elastizität # Reaktionsfähigkeit # Situativität

Alles zu seiner Zeit

„Koordinierte Gänge“, das sind mehr als nur spielerisch, schwungvolle Bewegungen, die dem Pferd so viel Freude machen, weil es dabei spielerisch lernt mit seinem Körper umzugehen. Nun löst sich das Pferd mit koordinierten Bewegungen endgültig von seinen Bewegungseinschränkungen, Steifigkeiten und aus anderen Bewegungsgrenzen, die durch Muskelverkürzungen entstanden sind.

Ein Pferd, dass sich noch von seinen „unbewussten Reflexen“ beherrschen lässt und dadurch noch nicht die Möglichkeiten seiner „bewussten Bewegungen“ kennenlernen konnte, seine Körpermechanik dementsprechend nicht ausschöpfen kann und der Atem noch in einem fixierten, tiefergelegten Rippenkorb festgehalten wird – kann sich nicht koordiniert und im Gleichgewicht bewegen. Die Aufgabe der Körperbildung des Pferdes geht deshalb jetzt – mit der vorhergehenden Vorbereitung die Körperfunktionen – in einen ganz entscheidenden Abschnitt – der auch zugleich die Grundlage für die Fähigkeit zum Tragen – zum Reiten bildet.

Koordination geht immer Hand in Hand mit Flexibilität

Die Koordination des Pferdes umfasst nicht nur die Optimierung der Bewegungsabläufe durch eigene Bewegungserfahrungen, der Kopffreiheit, der plastischen Verfügbarkeit des Körpers und seiner Muskeln oder der Bewegungsfähigkeit der gesamten Wirbelkette, sondern auch die situative Reaktion auf alle möglichen Bewegungsanreize und vor allem die bewusste Regulierung des Körpers in den verschiedensten Geschwindigkeiten. Das spielerische „Haltetraining“ bekommt beim schnellen, dynamischen Ausprobieren eine enorme, sehr vielschichtige (buchstäblich) Bedeutung…

Keine Angst vor Dynamik

…die auch dem Menschen die Angst vor der schnellen Bewegung des Pferdes nimmt, weil das Pferd in ganz vielen Situationen das Spiel „Anhalten“ geübt hat.

Halten und Bewegen, langsame Bewegungen und schnelle Dynamik, und alles schnell und situativ wechselnd ist das Motto dieses Abschnittes in der Körperbildung des Pferdes. Das Pferd wird ganz ohne Kontrolle und Vermeiden jederzeit für den Menschen spielerisch „beherrschbar“.

Die koordinierten Gänge des Pferdes „trainieren“ Kraft und Muskeln spielerisch und so „ganz nebenbei“. Das plastische Zusammenwirken des Pferdekörpers macht das Pferd kräftiger, nicht der lokale Muskelaufbau, der dann wiederum in anderen Regionen eine Instabilität bedeutet. Waren die Bewegungen des Pferdes bisher noch ungenau, nicht bewusst vom Pferd wiederholbar, kann es nun seinen Körper und seine Bewegungsmöglichkeiten immer gezielter ansteuern. Man kann förmlich beobachten, wie der Körper des Pferdes von innen nach außen „wächst“ – zuerst Organismus, dann Knochen, dann Muskeln.

Durch Muskeln zementierte Bewegungseinschränkungen

Nicht nur der Stoffwechsel und seine nicht regulierte Atmung machen dagegen isoliertes Muskeltraining beim Pferd „sinnlos“. Jedes Muskeltraining, jede Belastung der Muskeln erhöht die Anspannung in den Muskeln und so auch die Hormonkonzentration, die durch die Spannung der Muskeln in den Blutkreislauf des Pferdes abgegeben wird. Das setzt den Körper des Pferdes unter Stress – mit all seinen typischen Symptomen (siehe Artikel „Spannungszustände“)

Die Koordination ist der Abschnitt in der die motorische Sicherheit entsteht

Die vorhergehende Ausrichtung der „bewussten Bewegungen“ und der „gelassenen Atembewegungen“ bleiben natürlich erhalten, bzw. sie bilden jetzt die Grundlage für gezielte und sichere Bewegungsansteuerungen und regulieren anderseits die früher erlernten Muskeldysbalancen und Muskelverkürzungen.

Während seiner koordinierten Bewegungen fallen dem Pferd die Fehlhaltungen und Verkürzungen der Muskulatur und die Überbelastungen der Körpermechanik selbst auf. Durch die schnell wechselnden unterschiedlichen Bewegungen kann das Pferd sie aber nun selbst ansteuern und ausgleichen. Fehlt ein Entwicklungsschritt auf einer körperlichen Ebene, wirkt sich das nun nicht mehr auf den ganzen Körper aus, sondern das Pferd kann sich selbst die entsprechenden Impulse geben und auch selbst auflösen – das gibt dem Pferd Sicherheit und Selbst-bewusstsein.

Bei dem dritten Entwicklungsabschnitt, den „koordinierten Gängen“ geht es nun um den Prozess des Pferdes, bei dem das Pferd entdecken kann, wie seine eigenen – bewusst gewordenen und im Atem auf natürliche Weise selbst regulierten – Bewegungen auf seinen Körper wirken. Keine Phase der Bewegungsentwicklung, kein Entwicklungsabschnitt ist so spielerisch und so voller Bewegungsfreude und gemeinsamen Spaß wie die „koordinierten Gänge“ bei denen der muskuläre Ausgleich über die Wirbelkette und über die „großen Gelenke“ stattfindet, die dann das Pferd in sein Gleichgewicht bringen.

Koordination entsteht im Rumpf des Pferdes

Genau wie die „bewussten und die gelassenen Gänge“ kann man die koordinierten Gänge nicht trainieren. Aber das Pferd kann sie spielerisch üben. Je öfter, desto besser. Die „Zutaten“ für die „koordinierte Gänge“ ist die Aufrichtung- und Tragfähigkeit des Pferdekörpers, ein ständiger muskulärer Ausgleich (Gleichgewicht) und die Verfügbarkeit der Körpermechanik. Aber vor allem die Eigenwahrnehmung aus den „bewussten Gänge“ stehen im Zentrum der Bewegungen. Denn die koordinierten Gänge des Pferdes sind eine tiefe Auseinandersetzung mit sich selbst, auf allen körperlichen Ebenen.

Die Wahrnehmung des Rumpfes ist dem Pferd eine große Hilfe um die Verbindung zwischen den Gliedmaßen zu spüren. Je besser diese Verbindung zwischen den Körperteilen vernetzt wird, desto intensiver empfindet das Pferd seine Fortbewegung als koordiniert und harmonisch. Das ist ein großes Thema in der heutigen Zeit, in der das Pferd extrem viel im Schritt geht, und im Schritt das volle Körpergewicht mit voller Belastung auf den kleinen Gelenken ruht.

Jetzt unterstützt der vertiefte Atem die Körpermechanik!

Während bei den „gelassenen Gängen“ die vertiefte Atmung durch die erweiterte Körpermechanik, also durch die Bewegungsfähigkeit des Pferdes und der elastischen Erweiterung des Rippenraumes entstanden ist, wird nun die natürliche Atemregulierung über die Körpermechanik ausgelöst – und weiter verfeinert und verbessert durch die spielerisch angeleiteten Bewegungskoordinationen und Bewegungsabläufe.

Die wiederum den Organismus des Pferdes dabei unterstützen, ins Gleichgewicht zu kommen. Mit einiger Übung kann man diese Gelöstheit des Pferdekörpers in den verschiedensten Bewegungsaufgaben „abrufen“, bei denen das Pferd noch weiter lernt, seine Bewegungen mit seinem Atem zu koordinieren. Die schnell wechselnden Bewegungsabläufe erreichen, dass die verschiedenen Körperteile immer wieder anders miteinander in Verbindung treten, was natürlich auch die „Gänge“ ungemein schult, ausdrucksvoll und kadenziert macht.

Die Koordination beim jungen Pferd

Für ein Anregen der koordinierten Bewegungen ist es nie zu früh. Bei einem sehr jungen Pferd ist aber die Fohlengerechte, wirklich sehr spielerische Förderung wichtig. Je jünger das Pferd ist, desto einfacher und Babygerechter muss das Bewegungsvokabular sein, zu dem wir es einladen – aber beim jungen Pferd ist die koordinierte Bewegungs-Abwechslung eben auch besonders gut „trainierbar“, weil beim jungen Pferd noch nicht das Herz-Kreislaufsystem das Limit angeben, sondern der Bewegungsapparat.

Gute, bewusste und gelassene Bewegungen helfen aber nicht nur dem jungen Pferd beim Wachsen, weil von Anfang an der Körper plastisch „ausgebaut“ wird. Reiterliche „Aufgaben“ sollten deshalb immer nur im Zusammenhang mit der eigenen Koordination des Pferdes geübt werden. Damit wird das Pferd perfekt auf die zukünftigen Aufgaben vorbereitet, denn Koordination bedeuten reiterliche Flexibilität, Reaktionsfähigkeit, Situativität – also alles verfeinerte Fähigkeiten des Pferdes, die so wichtig für den Reiter sind.

Die BIOMOTORIK möchte das Pferd neugierig machen auf seinen Körper. Besser gesagt, SIE können die BIOMOTORIK nutzen, um den Bewegungen des Pferdes eine neue, natürliche und gesunde Richtung zu geben. Die BIOMOTORIK unterstützt dann SIE dabei, sich mit ihrem Pferd auf ihren ganz persönlichen Bewegungsweg zu machen, und so ganz neue, bisher unentdeckte Seiten und Fähigkeiten der Bewegung an sich und ihrem Pferd kennenzulernen.

Womöglich finden Sie auf der Webseite www.biomotorik.eu Antworten auf Fragen, die Sie sich noch gar nicht gestellt haben. Aber vielleicht auch auf solche, die Sie vielleicht schon lange mit sich herumtragen.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls bewegende Erfahrungen mit ihrem Pferd!

Monika Pausch