Der Reiter

Mit den Reiterplacements die Wirkung ihres Körpers auf das Pferd kennenlernen

„Wenn man etwas möchte, was man noch nicht gemacht hat,
muss man etwas tun, was man noch nicht getan hat“.

Selten passt ein Satz so treffend auf einen Sitz eines Reiters, der einfach und ungekünstelt auf dem Rücken des Pferdes Platz – und dabei zugleich Kontakt mit dem Pferdekörper aufnehmen möchte. Wenn nicht, bleibt das Erlebnis einer ruhigen und doch dynamisch tiefen Verbindung zum Pferd, meist auf seltene, besondere Augenblicke beschränkt.

Ich beginne mit den Placements genau da, um diese seltenen Augenblicke zu sammeln, und zur Grundlage für ein Reiten zu machen, in dem der einfache, physische Kontakt zu Pferdekörper der Beginn des reiterlichen, gemeinsamen Körperaustausches ist. Damit lasse ich mit Ihnen eine Reitkunst entstehen, die ihren Namen auch verdient.

Die ursprüngliche Sensitivität und Beweglichkeit müssen wieder entdeckt werden

Wir sind Reiternationen von „Machern“. Wir sind so trainiert auf Übungen, die die Muskeln stärken oder Spannungen lösen, dass wir sozusagen lieber von „außen“ arbeiten als von „innen“ (damit meine ich den Organismus). Gerade beim Reiten liegt dann aber zu viel Betonung auf die ZIELE der Handlungen, dass wir wohl unseren Sinn dafür verloren haben, was es heißt, physisch mit dem Pferdekörper in Kontakt zu treten. In der Regel machen wir es so – wir spannen z.B. das Bein an, um das Pferd zu treiben, wie wenn man ein Stück Holz in Bewegung setzen würde – nicht aber, als haben wir es mit dem Pferd – einem Wesen mit lebendigem Fleische und Blut zu tun.

Reiten als Geschehen des Körpers?

Seit unseren ersten Reiterfahrungen hat man uns beigebracht, dass wir beim Reiten uns selbst und das Pferd „unter Kontrolle“ haben müssen – und sei es auch nur, um dem Pferd „Botschaften“ mit unserem Körper zu übermitteln. Es ist zwar verabredet worden, dass wir mit unseren Händen nicht „ziehen“ und auf das Pferd einwirken sollen. Aber schon bei dieser Forderung haben wir unbewusst unseren Körper kontrolliert, der sich in die Wahrnehmung des Pferdes einmischt und haben begonnen das Pferd zu dirigieren. Das ist, auch wenn es unbewusst ist, schon eine „Kontrolle“ über das Pferd.

Das Pferd mag dann vor allem unsere Hände sehr schnell als hart empfinden, als schwer oder zu leicht, oder als flatternd. Es mag sich „gehandhabt“ fühlen, eingeengt oder gezogen, oder – eine oft sehr enttäuschende Erfahrung für das Pferd – überhaupt nicht wirklich von uns berührt. All das verbraucht auch unsere Bewegungsenergie, wenn auch nicht viel – aber es behindert vor allem die Zirkulation im Körper – und es ist eine Barriere zwischen dem Pferd und uns.

Reiten muss man im Körper „geschehen“ lassen können

Sind wir in unserer Körperhaltung auf dem Pferd starr, gehen uns die feinen Nuancen des Gleichgewichts verloren. Reiten ist kein mechanisches, zu erlernendes Gleichgewicht in Lektionen, sondern ein ständig sich erneuerndes Sich-Ausbalancieren des Menschen auf dem Pferderücken. Reiten ist eine Balance, die sich ständig ändert – und damit auch das lebende Wesen – das Pferd unter uns, sehr schnell in der Freiheit seiner Bewegungen stören kann.

Mit dem Pferdekörper in Kontakt treten

Dabei wird unsere Körperhaltung, Aufrichtung, Ausdruck und Stimmung tagtäglich vom Pferd sehr sensibel wahrgenommen, WENN WIR aber das Reiten nicht nur als Reitabläufe sehen wollen, sondern als Möglichkeit, um mit dem Pferdekörper in Kontakt zu kommen, und sich körperlich auszutauschen, müssen wir uns immer fragen – auch in unserem Alltag – wie der eigene Körper auf das Pferd wirkt und ob man eine beabsichtige Wirkung auch tatsächlich HAT. Oder ob man das Pferd zusätzlich zu oft einseitigen Reit-Bewegungsabläufen, nicht noch mit dem eigenen Körper belastet.

Das bewegungsfähige Bewegen und das belastungsfreie „Sitzen“

Wir reiten nicht allein – das Pferd ist logischerweise sehr intensiv mit seinen ganzen Körperfunktionen und seinem Organismus an unserem Reiten beteiligt. Ob wir wollen oder nicht – wir kommen in eine Art körperliche Beziehung mit dem Pferd – die eben im besten Fall ein Austausch und eine Kommunikation der beiden Körper wird. Der Mensch kommt beim Reiten in Kontakt mit dem Pferd oder distanziert sich, kontrolliert es oder beherrscht es – er bewegt sich auf dem Pferd einfach oder kompliziert. All das kann jeder auf die eine oder andere Weise durcharbeiten. Ich hingegen möchte mit meinen Placements da anfangen, wo mir der Anfang zu sein scheint – bei der Feinmotorik ihres Körpers.

Mit Feinmotorik, Empfindsamkeit, Leidenschaft und ganz viel bewegungsfähigem Körper

Die „einfache“ Lösung für so viele Missverständnisse mit dem Pferd liegt für mich tatsächlich in der Sensitivität, Beweglichkeit, Bewegungsfähigkeit und vor allem der Empfindsamkeit des Reiters, denn sind wir beweglich und sensitiv in und mit unserem Körper, fühlt sich auch das Pferd „gut versorgt“ und beachtet – das ist schon mal die „halbe Miete“. Aus diesen Gründen ist die Fähigkeit des Menschen, „das Reiten“ körpersprachlich zu gestalten, von gewaltiger Bedeutung für den Körperkontakt und einen gemeinsamen Körperaustausch – wie genauso auch für die Gestaltung und Ausführung unserer Reitbewegungen – bis hin zum „Reiten in der Kadenz“.

Reiterplacements und Gesichtsplacements

„Das Reiten“ findet zwischen ihrem Kopf und ihrem Becken statt (nicht in der Ausübung von reiterlichen Handlungen). Tatsächlich entscheidet die Geschmeidigkeit unserer Wirbelkette über unseren „Sitz“ und damit über ein „feines Reiten“ in Körperkontakt. Die Muskulatur (vor allem die tiefe!) unseres Rückens empfindsamer zu machen, hilft uns deshalb unseren Körper aussagekräftiger zu machen und auf „Hilfsmittel“ zu verzichten, ohne jedoch das Pferd mit seinem Körper und seinen Bewegungen sich selbst zu überlassen. Nirgends sonst wie im Reiterrücken, wird der große Unterschied und der völlig andere Ansatz einer biologischen Bewegung zum „muskulären System“ klar, bei dem ja der Reiterrücken extra trainiert, verstärkt und geradezu versteift wird.

Die Reiterplacements schaffen die Voraussetzung zum Reiten „mit Körper“

Jeder weiß, wie wichtig der „Reitersitz“ für die Bewegungsergebnisse des Pferdes ist. Der Sitz muss einerseits dem Pferd genügend Spielraum geben, um eigene Bewegungsmomente auszuprobieren – andererseits darf er das Pferd nicht stören oder gar seine Bewegungen verhindern – die dann buchstäblich im Körper des Pferdes stecken bleiben. Aber Reitersitz muss vor allem eines für das Pferd sein, verlässlich und nie automatisiert in den menschlichen Reaktionen. Die Placements (platzieren = Placements) zeigen ihnen welcher bewegungsfähige Sitz ohne muskuläre Beeinträchtigungen möglich ist – und wie sich das anfühlt.

Freiheit und Lebendigkeit im Körper

Um die natürliche Bewegungsfähigkeit – die wir zu einem feinen Reiten dringend brauchen – und ein Gefühl von Freiheit und Lebendigkeit im Körper wiederherzustellen, kann man die Zusammenhänge zwischen Gelenken und Wirbeln zwar eine gewisse Zeit ignorieren – aber eben nicht ohne Folgen. Um die natürliche Aussagekraft unseres Körpers zum Reiten zu nutzen, müssen wir die deshalb die Bewegungsfähigkeit der einzelnen Wirbel auf der ganzen Länge der Wirbelkette miteinbeziehen. Das liegt daran, dass uns die vielen Wirbel in ihrer Zusammenarbeit eine große Bewegungsfähigkeit möglich machen, die uns trotzdem oder – gerade deshalb – sicheren „Halt“ geben (die Rolle, die das Becken dabei hat, werde ich noch genauer beschreiben)

Unsere Beine „berühren“ und „bewegen“ das Pferd

Natürlich aber spielt für einen weichen, einfühlsamen Sitz die Elastizität der Beinmuskulatur eine große Rolle. Wenn unsere Beine den Weg zum Pferdekörper finden sollen, dann müssen sie die im Alltag erworbenen Fähigkeiten aufgeben und ihr natürliches Potenzial wiedergewinnen. Deshalb interessiert nicht, wie stark wir unsere Beine dehnen können oder wieviel Kraft in den Beinen steckt, sondern was sich in unseren Beinen ereignen kann, damit sie auf jede spontane Bewegung – genauso wie auf ein feines Federn des Pferdekörpers reagieren können.

„Kein Mensch ist anziehender für das Pferd – als einer, der mit seinem Körper umgehen kann“.

Was können die Placements?
Die Placements haben mit ihren ineinandergreifenden Aspekten gleich mehrere Wirkungen auf die Durchblutung, die Atmung und den Platz und Raum zwischen Wirbeln und Gelenken. Damit auf die Feinmotorik den menschlichen – und deshalb auch des Reiterkörpers.

1. Sie erweitern den Bewegungsbereich der Wirbel

2. Sie erweitern den Bewegungsbereich der Gelenke

3. Sie erweitern die Atmung

4. Sie erweitern die Bewegungsfähigkeit, Feinmotorik,

Empfindsamkeit und Wahrnehmungsfähigkeit

Bei allen Reiterplacements steht die Wechselwirkung von Bauchmuskulatur und Wirbel/Rippenkorbbewegung im absoluten Vordergrund (ohne die geht keine Zwerchfellatmung). In der unanstrengenden Wechselwirkung von den Grundbedingungen einer Bewegung – von Flexion und Extension kann sich ihr Körper auf- und ausrichten und die Wirbel und Gelenke platzieren sich belastungs- und abriebsfrei im Körper (platzieren – placements).

Die Placements sind in der Tat die allmähliche Annäherung an einen Zustand, in dem alles im Organismus zusammenwirkt, für den zentralen Lebensprozeß des Atmens und der Stimulierung und Erweiterung des Körpers für seine tiefe Nasen/Zwerchfellatmung. Es werden in den Placements also keine Atemtechniken praktiziert – die den Körper vielleicht noch zusätzlich aus seinem Rhythmus holen würden. Um den Atem zu vertiefen, gehen die Placements den sicheren „Umweg“ mit der „Erweiterung“ und Elastizität des Körpers für seine Atembewegungen.

Was passiert?
Die Atemzubringermuskeln werden zunehmend elastischer, das Zwerchfell kann sich im auf- und ausgerichteten Körper ausdehnen und erzeugt so – ganz plastisch beschrieben – einen Unterdruck, bei dem die Atemfrequenz zunehmend langsamer und unaufregter wird, die Atemzüge tiefer und damit für den Körper versorgender.

Die Muskeln sind dabei erstmal „raus“ – und können bis zum regulierten Einsatz entspannen

Weil sich nun alle Gelenke bewegen können – werden die Wirbel zusätzlich von den kleinen und großen Gelenken „in Bewegung gehalten“. So arbeitet der ganze Körper miteinander – und damit entsteht die empfindsame Feinmotorik für den Reiter. Der Vorteil: die Muskeln werden nicht angesprochen, sondern vom Körper selbst für die einfachen Übungen (ohne Schwerkraft) angefordert. Gestresste, gespannte, überbelastete Haltemuskeln können also zurückfahren und andere „wirkliche“ Bewegungsmuskeln werden aktiviert und ans „Tageslicht“ geholt.

Für ein Stress- und Spannungsfreies Sitzen – unser Gesicht

Ja, auch unser Gesicht ist am Reiten beteiligt – und wie! Unsere Gesichtsmuskeln sind nicht nur mit allen Körperfunktionen verschaltet, sondern sogar ganz besonders wichtig für unseres Stress- und Spannungsfreies Sitzen auf dem Pferd. Ist das Gesicht entspannt, ist es der ganze Mensch – denn Nacken- und Kiefermuskeln sind Stressmuskeln. Und wenn dann Rücken und Schultern, Bauch und Rippenkorb und schließlich auch Nacken und Kopf durch die Placements in ihre richtige Beziehung miteinander treten und ihren „rechtmäßigen Platz“ finden (sich platzieren!) dann können unsere Hände beginnen, mit dem Pferdemaul zu kommunizieren (s. Reiterkommunikation). Und dabei geben sie unseren Kopf aus ihrer Zwangshaltung frei – der ja eine wichtige steuernde Funktion hat.

Placements sind keine „Übungen“

Obwohl ich ein bisschen „Übung“ genauso genieße, wie jeder andere auch, ist diese Bezeichnung für die Placements völlig ungeeignet. Unter einer Übung verstehen die meisten, dass man etwas ausführt, um sich zu vervollkommnen, gemessen an dieser oder jener Überzeugung oder einem „Meister“. Man kann eine Bewegung aber auch erforschen, um zu entdecken, wie sie sich auf dem Pferd verhält (um beim Thema zu bleiben). Man sollte die Placements praktizieren, damit man selbst ein eigenes Gefühl für eine Bewegung bekommt, um sie dann mit dem Pferd auszuprobieren.

Meine Seminare hätten deshalb wenig „bleibenden“ Wert für das Pferd, wenn sie den Teilnehmer nicht dazu inspirieren würden, die erlernte Bewegungsfähigkeit der „Placements“ mit sich selbst fortzusetzen und die „Placements“ nicht nur als gymnastische Übungen ansehen, die man „mal“ machen kann, sondern dass man mit ihnen die Möglichkeit erspürt, seinen eigenen Körper, seine Stärken und Schwächen „weiter und selbst“ zu erforschen. Wie bei allem in der Biomotorik ist „selber machen“ GROSSGESCHRIEBEN.

In meinen Seminaren stoße ich bei Ihnen einen Prozess an, der weiter geht und in ihrem Rhythmus weiter gehen darf, weil er ihre Bewegungen begleiten wird – aus denen dann eine bewegungsfähige Grundlage für ihr Reiten wird. Und – der Körper kann sich damit  am besten von seinen „eingefleischten Bewegungen“ und Gewohnheiten lösen, wenn er eigene Erfahrungen machen kann, aus diesem Grunde gebe ich den „Körper-Experimenten“ so viel Raum.

Im Seminar „Reiterplacements“

Sowohl die „Reiterplacements“ als auch die „Reiterkommunikation“ gebe ich in den entsprechenden Seminaren weiter. Erkundigen Sie sich gerne bei mir, wo sie demnächst stattfinden oder wie Sie sie, zu welchen Bedingungen selbst veranstalten können.