Freiheit in den Bewegungen

Die Freiheit im eigenen Körper – das Pferd wird in SEINEN Bewegungen unterstützt

Mein Anliegen ist, dass wir beständig weiter nach Wegen suchen, die das Pferd seinen angelegten Bewegungsmöglichkeiten näherbringen und den fortlaufenden entwickelnden Bewegungsprozess des Pferdes unterstützen. In den „biomotorischen Bewegungen“, möchte ich sie vertraut machen mit den Sinneswahrnehmungen des Pferdes, die für mein Empfinden äußerst schmerzlich in den Pferdeausbildungen fehlen.

„je feiner die Wahrnehmung des Pferdes ist, desto freier kann es sich in seinem Körper bewegen“

Die „Sinne“ des Pferdes nehmen in den „biomotorischen Bewegungen“ daher den größten Raum ein. Das Ziel der „biomotorischen Bewegungen der Phase I“ ist dementsprechend auch, dass das Pferd seine eigenen Bewegungen „mit allen Sinnen“ entdecken, erfahren und zum Ausdruck bringen kann.

Der Einstieg

Beginnen müssen wir aber bei den Einschränkungen des Pferdes – also bei dem, was das Pferd seinen Sinneswahrnehmungen und der natürlichen Ausführung seiner Bewegungen abhält. Und so einzigartig jedes Pferd auch sein mag – aber in Spannungen und Verspannungen,  den Einbindungen, in der Bewegungsunfähigkeit der Wirbelkette, der Unverfügbarkeit der Gelenke, dem Ungleichgewicht und der Unkoordiniertheit der Beine, haben die Pferde mehr Gemeinsamkeiten als der erste Blick vermuten lässt.

Eine Entlastung des Körpers findet erst dann statt, wenn sich jeglicher Widerstand und Abwehrreaktionen in aufmerksame Bewegungen wandeln – wenn also die eigenen Bewegungen (und auch die Einschränkungen) vom Pferd wahrgenommen werden können. Deshalb geht es auch nie um eine bestimmte Ausführung der Bewegungen, sondern ausschließlich um das Empfinden, was das Pferd beim Angehen, Anhalten, schnelleren Bewegungen, langsamen Bewegungen usw. hat. Damit „trainieren“ wir das Körpergefühl und die Körperkontrolle des Pferdes.

„Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die allermeisten Pferde „Kopf-voran“ angehen. Dabei werden alle Strukturen im Kopf-Hals-Schulterbereich schwer belastet und das Gleichgewicht des Pferdes verschiebt sich unmerklich immer mehr nach vorne“.

In allen „biomotorischen Bewegungen“ wird nach hinten fokussiert, also weg vom Kopf – damit das Pferd seinen Rumpf/Becken wieder gerne benutzt und das Gleichgewicht sich langsam nach hinten verschiebt. Das gibt dem vorderen Bereich – insbesondere den Schultern die Leichtigkeit und dem Kopf/Hals die Entlastung, die Kiefer, Zungenbein und Genick brauchen, um ihre Funktionalität wieder aufzunehmen.

Der Prozess der Bewegungsentwicklung

Der Körper des Pferdes entsteht durch die Erfahrungen, die das Pferd bewusst oder unbewusst macht und sind deshalb ein sehr individueller Prozess. Die „Arbeitsweise“ für diese Bewegungs-Erfahrungen sind wie beim Menschen im Gehirn und in den Nervenzellverknüpfungen angelegt, die die Bewegungen des Körpers lenken. Die Bewegungen des Pferdes sind dadurch zeitlebens veränderbar – und deswegen werden wir niemals ein „fertiges“ – ein ausgebildetes Pferd haben. (auch mit diesem Gedanken muss man sich erstmal anfreunden!)

Der Körper des Pferdes ist ständig im Umbau und formt seine Bewegungen aus der Abhängigkeit der Umgebung – ähnlich wie ein Baum, der seine Äste nach Wind und Wetter formt. Je plastischer der Pferdekörper in den Vernetzungen und Verknüpfungen seiner Bewegungen wird, desto besser kann er Wind und Wetter trotzen, bzw. auch die Interessen des Körpers durchsetzen.

Aber auch der genialen Anpassungsfähigkeit des Pferdes sind natürliche Grenzen gesetzt. Werden Organe, Wirbel und Gelenke überlastet, oder nicht ihren Eigenschaften entsprechend eingesetzt, kommt es zu deren Beeinträchtigung und letztendlich zu Schädigung. Wenn Muskeln verspannt sind, sind die Gelenke in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Wenn Muskeln lange Zeit verspannt sind, verlieren die Gelenke sogar ihre Funktionsfähigkeit. Bis das Pferd regelrecht in der verspannten Körperhaltung und den „Einstellungen“ feststeckt, die es einschränken.

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„Ein wichtiger Effekt der „biomotorischen Bewegungen“ – die sie fast sofort beobachten können – ist die Gewebsentschlackung – was gerade bei Stoffwechsel-Kandidaten eine wichtigere Erleichterung gibt“.

Biomotorische Bewegungen – das Timing des Pferdes

Unser eigener Wunsch umgehend Veränderungen und positive Ergebnisse im Verhalten und den Bewegungen des Pferdes zu erzielen, kann den natürlichen Entwicklungsprozess des Pferdes stören. Unsere Aufgabe als Mensch besteht nicht darin, beim Pferd ein neues passives Bewegungsmuster zu erzeugen, sondern ihm die Unterstützung und Begleitung zu bieten, um Bewegungsentdeckungen- und Erfahrungen zu ermöglichen, bei denen das Pferd seinem eigenen Timing folgen kann.

 „Lass das Pferd machen, worin es gut ist, und es wird leuchten“. 

Der Einstieg in die „biomotorischen Bewegungen“ ist ein äußerst ergiebiges Tummelfeld, um Aktionen und Reaktionen des Pferdes zu beobachten, Verhaltensgewohnheiten „eingefleischte“ Bewegungsmuster, oder sogar Konditionierungen zu durchschauen und dabei auch – sich selbst auf die Schliche zu kommen. Sie können sich dabei immer sicher sein, dass Sie in den Bewegungen des Pferdes sehen, wie sehr das Pferd mit seinem Körper „umgehen“ kann – oder eben auch nicht. (Das ist übrigens auch ganz wichtig bei einem jungen Pferd, dass ja seinen Körper erst kennenlernen muss)

Beim Einstieg in die BIOMOTORIK sieht man die festgehaltenen, gespannten, durchhastenden, verspannten Bewegungen des Pferdes. Was natürlich oft sehr ernüchternd ist – vor allem bei einer ersten „Vorführung“ der „biomotorischen Bewegungen“. Wer will schon gerne so deutlich vor Augen geführt bekommen, was alles im Körper des Pferdes nicht funktioniert.

Allerdings – und ich weiß jetzt nicht, ob ihnen das ein kleiner Trost ist – das Pferd selbst, muss ja jeden Tag mit dieser Realität leben – es muss irgendwie mit den Einschränkungen seiner Bewegungen umgehen und sehr oft den wehen Körperteilen ausweichen…

Lesen Sie weiter: „Losgelassenheit“ beginnt im Kopf des Pferdes – nicht in seinen Muskeln