Reiten! Mit Vergnügen…


…für Reiter UND Pferd

Das Reiten wird dann zur Kunst, wenn der Reiter nicht mehr versucht das Pferd zu beherrschen – sondern mit der Ordnung in seinem Körper, das Pferd  jederzeit und in jeder Situation, einladen und inspirieren kann.
Dann bekommt der Mensch die Chance, ein harmonisches Miteinander mit dem Pferd fast geschenkt zu bekommen.

Theorien, wie man „gut“ reitet, gibt es viele!
Manche sind der Ansicht, man muss dem Pferdekörper möglichst viel einstudieren, damit er immer wieder darauf zurückgreifen kann. Manche betrachten das Reiten fast wie eine Krankheit, indem man dem Pferd das was es nicht kann, austreiben soll – und setzen auf mechanische Hilfsmittel, die den Menschen dabei unterstützen sollen.

Ein anderer Aspekt ist das Kontrollieren! –  der Mensch muss sich also genau überlegen, was das Pferd machen soll, und wie es sich bewegen darf. Und dann gibt es eben noch die Sache mit dem Sinn, wie in der Biomotorik.  Reiten soll für das Pferd „Sinn“ machen, d.h. es lernt Bewegungen, die es auch in einem Leben ohne Menschen, für sein Überleben gut gebrauchen könnte. Und der Mensch „hilft“ ihm eben bei der Vervollkommnung. Für den Menschen fallen dabei die schönsten Bewegungen ab – weil das Pferd buchstäblich mit seinem ganzen Körper dahinter steht.

Eines aber scheint festzustehen: Wir haben viel selbst „in der Hand“ – wie wir reiten und wie das Pferd geritten wird.  Und ich glaube, das Wichtigste beim Pferd ist es, dass wir ihm eine Orientierung geben können.

Ihr Reiten ist deshalb so gut, wie sie die körperlichen Bedürfnisse, seine Unsicherheiten und Spannungen des Pferdes wahrnehmen, annehmen und damit auf eine für beide zufriedenstellende Weise umgehen können. Wenn man mich nach den besten Tipps für ein wahrnehmendes, verbindendes Reiten fragt, könnte ich zuallererst drei Dinge nennen:

 1. Nicht mit Kraft reiten (zerstört jedes Gefühl und den Atemfluss und macht Spannung in beiden Körpern)
2. Jede noch so kleine Bewegung muss über die Gelenke und die Wirbel laufen (sonst reiten sie steif wie ein Brett, und lässt sie zu einem Besenstiel  mutieren – macht Spannung in beiden Körpern)
3. Sie müssen einverstanden sein mit ihrem Körper. Was nichts anderes heißt, als dass sie ihn selbst wahrnehmen können müssen. (wenn sie selber ihre Reaktionen nicht kennen und nicht steuern können, kann sie auch das Pferd nicht kennen – macht Spannung in beiden Körpern)

Was heißt Körperwahrnehmung beim Reiten?

Körperwahrnehmung heißt zu verstehen, wie man seinen Körper nutzt, belastet und auch wann man ihn überlastet (das darf ruhig auch mal sein). Körperwahrnehmung beim Reiten, heißt selber zu merken, dass man krumm sitzt, sich im Hohlkreuz festhält, den Kopf zu weit nach vorne schiebt, die Finger krampft oder die Schultern dauerhaft hochzieht. Und sich bewusst zu machen, dass dieses Körperverhalten nicht gut für das Pferd und auch nicht für den eigenen Körper ist. Und das damit noch nicht mal ein schlechtes Abbild der Reiterei entstehen kann.

Wenn ihnen das bewusst wird, ist der erste Schritt zum biomotorischen Reiten schon getan. Der nächste Schritt ist es nun, nicht nur die Handlungen, sondern auch die Körperwahrnehmung zu verändern, damit sich auch die „unbewussten“ Handlungen und Körperhaltungen ändern können – auch wenn es ihnen, wie krummes Sitzen, oder die hochgezogenen Beine vielleicht gewohnt, und in dem Moment angenehmer erscheint. Aber damit DER KÖRPER sein Bewegungsverhalten verändern kann, ist wieder die Körperwahrnehmung gefragt.

Was brauchen Sie noch zum biomotorischen Reiten?

Einen Fundus an Bewegungserfahrungen und Bewegungsbeobachtungen. Zu beobachten, wie das Pferd auf ihre Hand reagiert: fühlt das Pferd sich leichter an, wenn Sie ihre Hand so halten oder so? Was macht das Pferd, wenn sie ihre Finger schließen? Wenn sie ihre Hand inaktiv machen? Und sich wieder verbinden? Diese verbindenden Beobachtungen können sie mit jedem Körperteil machen. Glauben Sie mir – da sind sie und ihr Pferd ganz gut beschäftigt. Und das ist Biomotorik in Reinkultur.

Machen Sie es sich leicht!

Diese Beobachtungen können Sie anfangs am Boden beim „biomotorischen Training“ machen – da geht es noch um nichts (was will heißen, da sitzen Sie noch nicht auf dem Pferd) – in den langsamen Bewegungen hat ihr Gehirn und das des Pferdes viel Zeit seine Bewegungserfahrungen- und Beobachtungen zu machen. Und so ganz nebenbei bauen sie ihren eigenen, persönlichen Bewegungsfundus auf, auf den sie auch in kritischen Situationen zurückgreifen können.

So kommen Sie mit ihrem Körper  in Übung, was ihnen guttut und was nicht, was sie wollen und was nicht. Und auch was dem Pferd guttut und was nicht. Dabei entsteht ein Update ihrer Handlungen – immer auf der Grundlage, was sie bisher gelernt haben. Und es entsteht auch das „Können“, genau dass auch zu tun und genau das im richtigen Moment zu tun. So ganz nebenbei stärken Sie ihr reiterliches Selbstwertgefühl. Und je selbstbewusster Sie werden, desto leichter wiederum fällt es Ihnen, ihrem Körper zuzuhören. Und dem Körper ihres Pferdes.

Wer loslässt hat die Hände frei zum Reiten

Und dem Pferd auch mal mit ihrem Körper „nein“ zu sagen, wenn wir etwas nicht wollen. Dann brauchen Sie es nämlich nicht mehr die ganze Zeit zu kontrollieren. So einfach ist das. Im Kopf des Pferdes passiert sogar noch etwas anderes: denn in dem Moment haben Sie souverän die Führung übernommen, und Sie haben ihre Souveränität bestätigt(das Gegenteil wäre Dominanz – ein leere Machtdemonstration ohne Inhalt) Für das Pferd viele gewichtige Gründe sich ihnen anzuschließen.

Es ist das wiederholte EINSETZEN des Körpers, nicht das trainieren und einstudieren von Bewegungsabläufen. Das macht sie nur starr und unbeweglich und verhindert ihre feinen Reaktionen, weil sie ja mit dem Kopf bei der Ausführung beschäftigt sind.

Die Kraft liegt in ihnen!

Je mehr Kraft sie nach außen geben, desto mehr Kraft müssen sie aufwenden! Nutzen Sie lieber ihre Kraft nach innen, für ihre Bewegungsenergie und ihre ausdrucksvollen Bewegungen. Das ist ihre  indirekt angewendete Kraft.
Zu der indirekte Kraft, bei der jede kleinste Bewegung über die Wirbel und Gelenke geht, und damit das das Gegenteil zu einem Kraft- und Kontrollreiten darstellt, brauchen sie die Freiheit ihres Körpers (zu lernen in den Körperschulungen von Roland Pausch). Zum Beispiel die Rumpfkontrolle, die Beinfreiheit, und Hände die loslassen können.
Placements: Unglaublich, was ein paar Übungen  mit dem eigenen Körpergefühl machen.

Nehmen Sie Ihren Körper beim Reiten wahr?

Spüren Sie beim Reiten, was Ihrem Körper gut tut und was nicht? Oder fühlen Sie nur ihre Gewohnheiten? Können Sie sich die Handlungen ihres Körpers bewusst machen, oder reagiert der Körper einfach? Können Sie die Änderungen ihrer Bewegungen sofort umsetzen – zum Beispiel NICHT die Hand nach hinten ziehen. Oder die Beine ruhig halten, oder sich dauerhaft aufrichten?

Oder spüren sie Ihren Körper vielleicht sogar nur über Schmerzen? Dann können Sie sicher sein, dass das Pferd ihre Schmerzen auch spürt – in dem Fall nicht, weil es so empathisch ist, sondern weil das Verhalten ihres Körpers mit Schmerzen ein Anderes ist. Bevor sie eine Einschränkung oder einen Schmerz durch eine Ausweichbewegung oder Schonhaltung bemerken, hat die ihr Pferd schon lange vorher registriert und leider auch darauf reagiert.

In den meisten Fällen entstehen Spannungen und Schmerz bei Nichtbeachten des eigenen Körpers, zum Beispiel in Stresssituationen. Oft merken wir nicht, dass wir dann nicht ökonomisch mit unserem Körper umgehen. Auf dem Pferd zu sitzen – manchmal 2m über dem Boden, kann schon allein Stress für den Körper sein – den Sie vielleicht ein Leben lang mit sich rum tragen.

Oder sie sitzen die ganze Reitstunde lang in der gleichen Position, gefesselt von einem Sattel, der sie an ihrer Bewegungsfähigkeit hindert.  Und wiederholen immer wieder die wenigen, gleichen Bewegungen und geben den punktuellen Druck an ihr Pferd weiter– wenn Sie absteigen fühlen Sie sich schwer und kaputt, Sie sind verspannt, und der Kopf brummt. Glauben Sie mir – ihrem Pferd geht es leider genauso!

Nicht von null auf hundert…

Etwas Geduld erfordert sie auch, deine Körperwahrnehmung. Wenn man versucht den Körper und seine Problemquellen in eine andere Form zu zwingen, wird sich der Körper ziemlich bald wehren und sich beschweren (das ist übrigens auch das Problem eines neuen Sattels, der sich am Anfang so toll angefühlt hat). Wenn du zum Beispiel über Jahre hinweg meistens krumm auf dem Pferd gesessen hast, wird man es wahrscheinlich als ziemlich anstrengend empfinden, anders krumm zu sitzen oder dazu gezwungen wird gerade zu sitzen.

Die beste Position ist keine Position – sondern Bewegungsvielfalt

Auch langes starres Sitzen in einer aufrechten Position überlastet den  Körper auf Dauer. Unser Bewegungsapparat ist nicht dazu geschaffen, ständig in der gleichen Position zu verweilen. Er braucht Abwechslung! Und auch das zeigt er, wenn man seine Zeichen wahrnimmt.
Der Körper muss in seinen eigenen Veränderungsprozess eintauchen, damit er für sich passen sein Bewegungsverhalten „korrigieren“, ohne sich selbst damit gleich wieder zu überlasten?

Ein Beispiel dazu:

  • um ihre Hand so leicht und so zart vibrieren zu lassen, wie der Flügelschlag eines Kolibris, müssen sie erstens die Freiheit im Körper haben, um diese Bewegung auszuführen (der Kopf darf nicht vorgeschoben sein, ihre Schultern nicht festhalten, ihr Brustkorb nicht abgesenkt, ihre Wirbel nicht eingeschränkt usw. (die Lösung dafür finden Sie in den Körperschulungen von Roland Pausch))
  • Sie müssen sich loslassen können: wenn sie selber ihre Bewegungen nicht steuern können und nicht buchstäblich „unter Kontrolle“ haben, werden sie selber nicht das Vertrauen zu sich finden, um ihre Finger und Hände loszulassen – und die Verbindung zu Pferd anders herzustellen als über das Festhalten.
  • Ihr Körper muss unabhängig sein – er darf sich nicht am Zügel und am Pferd festhalten und klammern wollen.

Mein Kommentar:

Das ist natürlich alles leichter gesagt, wie getan. Um ihrem Pferd buchstäblich ihr Bestes zu geben, müssen Sie ihren Körper selbst wahrzunehmen. Das kann man aber nicht trainieren, das entwickelt sich, wenn sie ihrem Körper  zuhören. Und gerade weil es sich entwickeln muss,  müssen sie  es immer wieder tun!
Das alles sind die Themen aus dem Praxisseminar „die Pferd-Reiter-Körperentwicklung“. Dabei helfen uns die Placements und das Verständnis für die eigenen Körperreaktionen – ihre Wahrnehmung.