Biomotorik ist…

Gleichgewichtsfähigkeit und Bewegungsfähigkeit

Reiten ist wie die Mode. Es war alles schon mal da!
Wer sich mit der Geschichte der Reiterei beschäftigt, stellt fest, dass es wirklich nichts gibt, was nicht schon mal da war. So gab es einerseits zu allen Zeiten Dressuren, bei der sich der Mensch seiner „Genickarbeit“ rühmte, also dem Biegen zwischen Kopf und der Genickverbindung des Pferdes, um „in verbissenem Kniebeln das Pferd seiner natürlichen Kräfte zu berauben (O-Ton von damals)“. Das Pferd wurde so durch künstliche Muskelkraft „fähig“, die Wünsche des Menschen auszuführen.

Die tiefe Verbindung mit dem Pferd – die ewige Sehnsucht des Menschen.

Aber mindestens genauso oft – zwischen Dominanz und Verhaltensänderungen, Druck und Zwang findet man in der Geschichte der Reiterei auch immer wieder die Sehnsucht des Menschen nach der tiefen Verbundenheit mit dem Pferd. Es ist die Sehnsucht nach einer verbindenden, zentaurengleichen Einheit – einer Art Symbiose – dem vollkommenen Kontakt mit dem Körper des Pferdes, bei der das Ziel „eine Reiterei“ ist, bei der sich zwei so unterschiedliche Arten von Lebewesen gegenseitig in ihren Bewegungen unterstützen.

Was wir ebenfalls aus der Historie der Reiterei lernen können, ist, dass es zwar zu allen Zeiten Reiter gab, die es wohl als „Kunst“ empfanden, mit allen möglichen Kräften und mechanischen Teilen den Hals des unglücklichen Pferdeopfers nach allen Seiten zu ziehen (man bekommt allein beim daran denken Genick- und Kreuzschmerzen) und die Pferde trotzdem – oder gerade deshalb – durchgingen, während feinmotorische, in ihrem Sitz unabhängige Reiter, ihr gelassenes Pferd mit einer Hand „führen“ konnten – nur deshalb weil Pferd und Reiter körperlich miteinander verbunden waren.

Die Weltkarte der Reiterei entsteht aus der Bewegungsfähigkeit des Pferdekörpers

Mit einem Reiten, bei dem die in sich selbst bewegende Harmonie zwischen Mensch und Pferd entsteht, nimmt die BIOMOTORIK die Tradition von vielen früheren Epochen der Reiterei auf, in denen ein körperliches, vollkommen voneinander unabhängiges, aber stets geschlossenes Zusammenwirken erreicht wurde. (siehe auch die Zeichnung der Biomotorik).

Auch heute – und vielleicht mehr denn je, geht der Wunsch hin zur Freundschaft und Verbundenheit mit dem Pferd. Viele Fotos dokumentieren diese Entwicklung eindrücklich. Doch zum ersten Mal in der Geschichte des Pferdes mit dem Menschen klafft ein manchmal unüberbrückbarer Graben zwischen der ausgeführten Realität und dem Wunsch des Menschen.

Die Gleichgewichtsfähigkeit

Dass die Ideen der gemeinsamen Reiterei so extrem auseinandergehen, kann man an der fehlenden Gleichgewichtsfähigkeit von Pferd und Mensch ausmachen. Die Gleichgewichtsfähigkeit, die aus den Sinneswahrnehmungen, der Gleichgewichtssuche im Kopf und der Ausführung im Rippenkorb entsteht, verträgt sich eben überhaupt nicht mit Spannungszuständen, künstlich hergestellter Muskelkraft oder einem Spannungsbogen, der zur Lösung aller Reitprobleme erklärt wird.

Seit mittlerweile vielen Jahren beschäftige ich mich deshalb mit den Spannungszuständen bei Pferd und Mensch, die so konträr zur Gleichgewichtsfähigkeit und zum ausgeglichenen Muskeltonus stehen. Dass die Atemlosigkeit bei beiden eine Folgeerscheinung des fehlenden „gleichen Gewichtes“ im Körper sind – übrigens genauso wie Arthrosen, Muskelschwächen, degenerative Anzeichen und Stoffwechselerkrankungen, ist leicht nachvollziehbar und sogar von außen gut sichtbar.

Wie außerordentlich leicht es ist, bei Pferd und Mensch die Gleichgewichtsfähigkeit zu verbessern und dann als Grundlage für die erstaunlichsten Leistungen der Körper zu nehmen, beweisen die zu diesem Zweck von mir entwickelten „Placements“ für den Menschen und die „biomotorischen Bewegungen“ – als das ergänzende Gegenstück für das Pferd – sehr eindrücklich.

Leider ist unsere Bewegungsunfreundliche – weil unnatürlich gerade und zubetonierte Welt – die uns viel zu viel sitzen und Autofahren abverlangt, so überhaupt nicht mehr dazu geeignet, um eine natürliche Gleichgewichtsfähigkeit automatisch zu erwerben. Im Gegenteil, der Körper wird dazu „erzogen“ bestimmte Körperteile verstärkt zu benutzen und Muskeln auszubilden, wo sie gar nicht hingehören. Eine der vielen Folgen ist ein Rippenkorb, der sich nicht mehr erweitern kann und eine nach vorne gekrümmt „Haltung“ mit einem festgehaltenen Lenden-Beckenübergang.

Unser Körper wird zu einem Spezialisten – einem Spezialisten im „Festhalten“. Dass was die Natur als anpassungsfähige Überlebensstrategie für uns geplant hatte, und uns ja auch das Überleben in unwirtlichen Umwelten ermöglichte, wird ohne Bewegungsanreize zum sogenannten „Tunnelblick“ des Körpers. Es entstehen einseitige, fast automatenhafte Bewegungen – durch Muskelkraft erzeugt.

So bleibt auch das Reiten oft eine Frage der Kontrolle

Viele Reiter suchen deshalb die körperlichen Antworten ihres Pferdes in Reitinstruktionen, mechanischen Orientierungen und einer Art Verhaltenstraining des Pferdes. Aber es ist nicht der Druck auf Laden und Zunge des Pferdes, der vermehrt werden muss, sondern es ist die fühlende Einwirkung der Hand, die in ihrer führenden Verbindlichkeit auf „nichts“ verringert werden muss.

Dem Pferdekörper Sinn geben

Über Jahre hinweg habe ich ein Programm entwickelt, mit dem der Mensch bei seinem Pferd die fehlenden Bewegungsanreize- und Vielfalte ausgleichen und  ersetzen kann. Die „biomotorischen Bewegungen“ sind so gesehen „Bewegungsergänzungen“ – spielerisch und so wie es die Natur, aber auch der Organismus des Pferdes, gerne hätte.

Durch das eigene Bewegungserleben wird gleichzeitig das Nervensystem des Pferdes wie auch sein Bewegungssystem aktiviert. Dabei wird nicht der Kopf fixiert (der den Sinneswahrnehmungen zur Verfügung stehen muss) und der Hals gebogen (der zwischen Kopf und Rumpf vermitteln muss) – alles in der vagen Hoffnung, dass sich das Pferd in den Hanken beugt – sondern genau umgekehrt! Über das Gleichgewicht des Rumpfes, die Freiheit des Genicks und die Orientierung des Kopfes wird die Bewegungsfähigkeit der Hinterhand und die Gleichgewichtsfähigkeit der Schultern aufbaut.

Vertrauen Sie ihrem Körper

Durch die von mir entwickelten „Placements“ lernen Sie wieder ihrem Körper zu vertrauen und entwickeln die nötige Feinmotorik für die verbindenden Bewegungen mit ihrem Pferd. Mit den eigenen Bewegungserfahrungen startet eine Bewegungsprozess, bei der eine Bewegung auf der vorherigen aufbaut und der Körper mit jedem Schritt sicherer (und für das Pferd lesbarer) wird.

Damit sich Pferd und Mensch mit möglichst wenig Ballast (also Ungleichgewicht) durch ihr Leben bewegen können…

Die Suche nach dem gleichen Gewicht im Körper – also einer gerechte Verteilung der Bewegung im Körper, wird zum vorrangigen Ziel. Der Pferdekörper kann sich in seinen Bewegungen ausprägen, sich entwickeln, die Bewegungen erweitern sich, werden ausdrucksvoller, der Körper reift in seinem Tempo und eigenen Prozess und wird dabei immer ausdrucksvoller und – bleibt elastisch bis ins hohe Alter. Ein elastischer Körper, das „älter werden“ und ausdruckvolle, unschädliche, geschmeidige Bewegungen, sind dann bei Pferd und Mensch kein Widerspruch mehr.

Durch die BIOMOTORIK wird deutlich, dass eine Reitinstruktion nie ein Masterplan sein kann und ihr Nutzen nicht darin liegen kann, sie wie ein Rezept zu verwenden, sondern als Aufforderung und Ermunterung für UNS, zuerst die Bewegungen – die wir bei unserem Pferd wollen – bei UNS zu suchen, damit sich UNSER Körper mit den Lebens- und Bewegungssituationen des Pferdes immer besser abstimmen und ergänzen kann. Und damit die Symbiose mit dem Pferd entstehen kann.

Unser Körper muss den Weg weisen – dann wird Reiten einfach.

Mit dem Rüstzeug unseres Körpers können wir dann unbeschwert (im wahrsten Sinne des Wortes) und leichtfüßig, auch wieder die Wege und Erfahrungen nutzen, die andere vor uns gegangen sind, und uns durch ihr Wissen und Können zur Verfügung gestellt haben. Damit bekommen frühere Reitinstruktionen, die Reiterfahrungen anderer und uralte reiterliche Begriffe wieder eine ganz besondere Bedeutung, auf die wir doch gerne zurückgreifen, weil sie uns in unserem Tun bereichern.

„wo man gezwungen geht, da bleibt man stets zurück“ Johann Christoph Gottsched

Viel Bewegungsfreude mit der BIOMOTORIK

Wünscht Ihnen

Monika Buhl